– und was das fürs Radio bedeutet
Die neue ARD/ZDF-Medienstudie 2025 zeigt ein klares Bild: Social Media ist im Alltag fest verankert – aber der große Boom ist vorbei. Besonders spannend: Das Wachstum kommt nicht mehr von den Jüngsten, sondern von den Älteren. Gleichzeitig bleibt die tägliche Social-Media-Zeit stabil, während Video-Streaming und Audioangebote weiter um Aufmerksamkeit konkurrieren.
Für Radiomacher ist das eine gute Nachricht: Die Studie liefert wertvolle Hinweise, wie Social Media sinnvoll flankierend eingesetzt werden kann, ohne das Kerngeschäft Audio zu verwässern.
1. Social Media wächst – aber langsamer, und vor allem bei den Älteren
- 63 Prozent der Bevölkerung ab 14 Jahren nutzen Social Media mindestens wöchentlich – das entspricht rund 44 Millionen Menschen.
- Das Wachstum ist deutlich abgeflacht: plus 3 Prozentpunkte gegenüber dem Vorjahr, nachdem 2024 noch ein Sprung von 8 Prozentpunkten gemessen wurde.
- Die Zuwächse kommen fast ausschließlich von 50- bis 69-Jährigen und den Über-70-Jährigen. Bei den 14- bis 29-Jährigen ist eine Plateauphase erreicht.
Die wichtigsten Kennzahlen:
Interpretation fürs Radio:
- Social Media ist kein reines Jugendphänomen mehr.
- Ältere Zielgruppen holen auf – gerade dort, wo Radio traditionell stark ist.
- Für Sender wird Social damit kanalübergreifend relevant, nicht nur als „Jugend-Spielwiese“.
2. Tagesreichweite und Nutzungsdauer: Social Media ist wichtig, aber begrenzt
- Die Tagesreichweite von Social Media liegt 2025 bei 35 Prozent – nach einem Rückgang 2024 wieder auf dem Niveau der Vorjahre.
- Besonders stark wächst die tägliche Nutzung bei den 30- bis 49-Jährigen (plus 6 Prozentpunkte).
- Die durchschnittliche tägliche Nutzungsdauer bleibt mit 30 Minuten stabil – sie ist in den letzten Jahren kaum gestiegen.
Gleichzeitig zeigt die Medienstudie:
- Insgesamt liegt die tägliche Mediennutzungszeit bei etwas über 6,5 Stunden pro Kopf.
- 78 Prozent hören mindestens wöchentlich Radio; bei den über 30-Jährigen entfällt der Großteil der Hördauer weiterhin auf klassisches Radio.
Was heißt das?
Social Media ist wichtig – aber es frisst nicht die gesamte Aufmerksamkeit. Es ist ein 30-Minuten-Fenster im Medienalltag, kein Allesfresser. Radio bleibt im Mix relevant und reichweitenstark.
3. Plattformdynamik: Instagram stagniert, TikTok wächst, Facebook altert
Die Studie bestätigt einen klaren Plattform-Lebenszyklus:
- Instagram bleibt mit 40 Prozent Wochenreichweite die meistgenutzte Plattform, verliert aber erstmals bei den Jüngeren.
- Facebook kommt auf 31 Prozent wöchentliche Nutzung, mit Rückgang in vielen Segmenten – besonders stark bei Jüngeren; die durchschnittliche Nutzerschaft ist deutlich älter (Durchschnittsalter ca. 45 Jahre).
- TikTok wächst auf 20 Prozent Wochenreichweite insgesamt; in der Gruppe der 14- bis 29-Jährigen nutzt etwa jede zweite Person das Angebot regelmäßig.
- Snapchat weist mit im Schnitt 25 Jahren die jüngste Nutzerschaft auf; Instagram liegt bei etwa 37 Jahren.
Geschlechterunterschiede:
- Pinterest hat mit rund 70 Prozent den höchsten Frauenanteil.
- X (ehemals Twitter) weist mit nur 18 Prozent den niedrigsten Frauenanteil auf; ähnliche Muster zeigen Bluesky, Mastodon, Threads oder Twitch, deren Nutzerschaft insgesamt jünger ist.
4. Nutzungsmuster: Jüngere schauen Videos, Ältere lesen
Die ARD/ZDF-Studie zeigt klare Unterschiede in der Nutzung:
- Jüngere Nutzer tendieren zu Videos, Stories und Kurzformaten.
- Ältere (50–69) lesen bevorzugt Artikel und textbasierte Inhalte auf Social Media.
Konsequenz:
Social Media ist nicht nur eine Frage der Plattform, sondern auch des Formats – und der Alterslogik dahinter.
5. Was bedeutet das konkret für Radiomacher?
Die Zahlen sind wichtig – aber entscheidend ist: Was fange ich im Radiobetrieb damit an?
Hier die zentralen Ableitungen:
A) Social Media ist kein Selbstzweck – sondern Ergänzung
- Social Media belegt im Schnitt 30 Minuten am Tag. Radio und andere Medien konkurrieren nicht 1:1 mit Social, sondern teilen sich einen langen Nutzungstag.
- Für Sender heißt das: Social Media sollte verstärken, nicht ersetzen:
- Ankündigungen und Teaser
- Highlight-Clips von Sendungen
- Community-Feedback
- gezielte Kampagnen (Gewinnspiele, Events, Aktionen)
B) Plattformstrategie nach Altersgruppen denken
Aus der Studie lassen sich klare Schwerpunkte ableiten:
- Facebook
- eher älter, über 40
- gut für lokale Themen, Service, Veranstaltungen
- sinnvoll für regionale Radiomarken mit starkem Lokalbezug
- Instagram
- breite Mitte (30–49), leicht jünger als Facebook
- perfekte Plattform für Senderbrands, Shows, Moderatoren
- Stories und Reels als idealer Rahmen für Kurzvideo-Content
- TikTok & Snapchat
- klar jung (14–29)
- sinnvoll, wenn ein Sender gezielt Nachwuchs-Hörer erreichen will
- braucht eigenes Tonalitäts- und Formatkonzept (keine 1:1-Recyling-Clips)
C) Formatstrategie: Video für Junge, Text für Ältere
- Jüngere reagieren stärker auf kurze, schnell konsumierbare Videos (Reels, TikToks, Stories).
- Ältere lassen sich eher mit klaren Infos, Artikeln, Posts mit Nutzwert abholen.
Für Radiomacher bedeutet das:
- Jüngere Zielgruppe:
- Behind-the-Scenes-Clips
- kurze Comedy- oder Musikmomente
- Challenges, Snippets aus der Morningshow
- Ältere Zielgruppe:
- Service-Posts (Verkehr, Wetter, regionale Infos)
- Programminfos, Frequenzen, Empfangswege
- längere Texte mit klarem Nutzen, z. B. Hintergrund zu Aktionen
D) Social Media gezielt mit Audio verknüpfen
Die ARD/ZDF-Studie zeigt zwar Social-Media-Nutzung – gleichzeitig bleibt Audio stark, und Podcasts legen bei der Reichweite weiter zu.
Strategische Chance:
- Social als Einstiegsfenster → Audio als Vertiefung.
- Konkrete Schritte:
- Link von Social direkt in Streams und Podcasts
- exklusive Audioinhalte, die nur über den Sender oder die App erreichbar sind
- Social-Clips als „Appetizer“ für längere Inhalte on air oder on demand
6. Fazit: Social Media ist gereift – und Radio bleibt im Spiel
Die ARD/ZDF-Medienstudie 2025 zeigt:
- Social Media ist im Alltag angekommen – aber der große Wachstumsrausch ist vorbei.
- Die Nutzung stabilisiert sich, die Plattformlandschaft differenziert sich nach Alter und Geschlecht.
- Radio bleibt trotz allem ein reichweitenstarkes Leitmedium, vor allem bei den über 30-Jährigen.
Für Radiomacher bedeutet das:
- Social Media ist ein wichtiges Werkzeug – aber nicht der Feind.
- Wer Plattform und Format klug wählt, kann Reichweite, Community und Marke stärken.
- Und: Radio kann gerade in einer saturierten Social-Media-Welt mit Verlässlichkeit, Persönlichkeit und Hörgewohnheiten punkten.
Kurz gesagt:
Social Media wächst langsamer – aber Radio hat weiterhin alle Chancen, eine zentrale Rolle im Medienalltag zu spielen.





