Der Druck auf Marketingabteilungen war selten so hoch wie jetzt. Wirtschaftliche Unsicherheit, fragmentierte Mediennutzung, immer neue Kanäle – und gleichzeitig der Auftrag, jeden Euro zu rechtfertigen. Genau in dieses Spannungsfeld zielt der „Marketing ROI Blueprint Report 2025“ von Nielsen. Der Bericht versteht sich als Bauplan, wie Marketer von Bauchgefühl zu wirklich datengetriebenen Entscheidungen kommen sollen – über alle Kanäle hinweg.
Für Radio und Audiovermarkter ist dieser Report hochinteressant. Denn er zeigt einerseits, wie stark der Fokus auf messbare Wirkung wächst – und andererseits, wo klassische Kanäle wie AM/FM-Radio heute noch unterschätzt oder zu wenig sauber gemessen werden.
ROI unter Druck – und Budgets gleich mit
Laut Nielsen planen 54 Prozent der Marketer, ihre Werbeausgaben 2025 zu kürzen. Gleichzeitig kann sich keine Marke leisten, einfach aus dem Sichtfeld zu verschwinden – Reichweite bleibt Pflicht. Jeder investierte Euro muss deshalb deutlich stärker begründen, welchen Beitrag er zum Geschäftserfolg leistet.
Die wichtigste Währung im Reporting verschiebt sich klar: 38 Prozent der Befragten nennen Umsatz oder ROI als wichtigste oder zweithöchste Kennzahl zur Erfolgsmessung. Statt nur Impressions und Reichweiten zu zählen, rückt der Full-Funnel-Fokus in den Mittelpunkt – von Markenaufbau bis Abverkauf.
Für Radio heißt das: Wer heute noch hauptsächlich in GRPs argumentiert, verschenkt Potenzial. Entscheider wollen sehen, wie Audio konkret auf Umsatz, Leads oder Store Traffic einzahlt.
Scheinbare Sicherheit: Hoher Selbstanspruch, wenig ganzheitliche Messung
Spannend – und etwas beunruhigend – ist die Diskrepanz zwischen Selbstbild und Realität:
- 85 Prozent der Marketer geben an, sehr zuversichtlich zu sein, den ganzheitlichen ROI messen zu können.
- In der Praxis erfassen aber nur 32 Prozent ihre Ausgaben für klassische und digitale Medien wirklich integriert.
Mit anderen Worten: Viele sind überzeugt, den Überblick zu haben – tatsächlich arbeiten sie mit Insel-Lösungen, Teildaten und Medien-Silos.
Genau hier wird es für Radio kritisch: Wenn Audio, Sponsoring oder Promotions nur separat betrachtet oder gar nicht in die Gesamtmodelle eingebunden werden, landet der Kanal im Zweifel unten auf der Liste – nicht, weil er schlecht wirkt, sondern weil er schlecht messbar gemacht wurde.
Sponsoring und Influencer – ein blinder Fleck, gerade für Audio
Besonders deutlich wird das beim Thema Sponsoring und Influencer-Marketing:
- 27 Prozent der Marketer messen Sponsoring getrennt vom restlichen Mediamix.
- 4 Prozent messen Sponsoring gar nicht.
Das ist bemerkenswert, weil gerade im Sport, bei Events oder im lokalen Umfeld Sponsoring eine riesige Rolle spielt – also genau dort, wo viele Radiosender sehr stark sind: Stadionpräsenz, Bühnenbranding, Radio-Events, Presenter-Modelle.
Wenn diese Maßnahmen nicht in ein ganzheitliches Messmodell eingebunden sind, verliert Radio doppelt:
- Der Effekt der Radiopräsenz wird unterschätzt.
- Die Kombination aus Spot, Social, Event und On-Air-Integration taucht im Reporting nicht als „Power-Bündel“ auf, sondern als lose Liste einzelner Maßnahmen.
Trend zur ganzheitlichen Cross-Media-Messung – eine Chance für Radio
Der Report zeigt aber auch eine positive Entwicklung: 60 Prozent der Marketer konzentrieren sich in ihrer Cross-Media-Messung inzwischen sowohl auf Reichweite/Frequenz als auch auf ROI, anstatt nur auf Kontaktzahlen zu schauen.
Das Ziel: Nicht mehr nur wissen, wer erreicht wurde, sondern was diese Kontakte tatsächlich ausgelöst haben – im gesamten Trichter von Awareness über Consideration bis Conversion.
Für Radio ist das ein Türöffner. Denn sobald alle Kanäle in einem gemeinsamen Modell bewertet werden, können Audiodaten und Kampagnenergebnisse endlich fair mit Social, Search und TV verglichen werden – und genau da zeigt klassisches Radio historisch oft einen sehr starken Return on Investment.
Vertrauen nach Kanal: Digital vorne – aber nicht zwingend besser
Der Report macht auch deutlich, dass das Vertrauen der Marketer stark vom Kanal abhängt. Bei digitalen Umfeldern mit integrierter Attribution – etwa Social Media oder Online Video – ist das Vertrauen in die ROI-Messung besonders hoch. Bei traditionellen Kanälen wie Print, Direct Mail oder AM/FM-Radio fällt es deutlich geringer aus; zum Teil geben bis zu 12 Prozent an, kaum oder gar kein Vertrauen in die Messung zu haben.
Wichtig: Geringeres Vertrauen bedeutet nicht geringere Wirkung. Es zeigt eher, dass Methodik und Datenzugang komplexer sind – und dass häufig die passenden Messansätze fehlen oder nicht konsequent eingesetzt werden.
Für Radiosender und Vermarkter heißt das:
Wer es schafft, den ROI von Audio und Sponsoring mithilfe sauberer Studien, Sales-Lift-Analysen oder Brand-Lift-Modellen zu belegen, kann dieses Vertrauensdefizit gezielt in einen Wettbewerbsvorteil drehen.
Nielsen zeigt den Weg: Von Media-Metriken zu echtem Geschäftserfolg
Der „Marketing ROI Blueprint“ beschreibt, wie erfolgreiche Marketer ihren Blick weiten:
- Media-Kennzahlen wie Reichweite und Frequenz sind weiterhin wichtig – 54 Prozent nutzen sie als zentrales Instrument zur ROI-Bewertung.
- Gleichzeitig gewinnen Modelle wie Marketing-Mix-Analysen, Brand-Lift- und Sales-Lift-Studien an Bedeutung, weil sie schneller und praxisnäher zeigen, was eine Kampagne wirklich bewegt.
Nielsen illustriert das im Report mit zwei Cases:
- Eine Influencer-Kampagne im Gesundheitsbereich, bei der über eine simulierte Social-Umgebung Brand Lift, Wahrnehmung und Glaubwürdigkeit der Inhalte messbar gemacht wurden.
- Eine Kampagne von Alpro auf Pinterest, bei der mit einer Market-Lift-Studie nachgewiesen wurde, dass Online-Werbekontakte tatsächlich zu messbaren Umsatzsteigerungen im Handel führen – inklusive belastbarer ROAS-Berechnung.
Übertragen auf Radio bedeutet das:
Audio braucht genau solche Beweise – etwa in Form von Kooperationen mit Forschungspartnern, Sales-Lift-Analysen im Handel oder Brand-Lift-Studien, die Spotkontakt mit Markenwahrnehmung und Kaufabsicht verknüpfen.
Konkrete Learnings für Radio und Audiovermarktung
Was können Radiosender und Vermarkter aus dem Report mitnehmen?
- Nicht nur Reichweite verkaufen, sondern Wirkung erzählen
Reichweiten sind die Basis – aber Entscheider wollen wissen, welchen Beitrag Radio zu Umsatz, Conversions oder Kundenwert leistet. - Radio konsequent in ganzheitliche Modelle einbinden
Audio darf nicht als isolierter Block neben digitalen Kanälen stehen. Wichtig ist, dass Radiokampagnen in Marketing-Mix-Modellen, Cross-Media-Studien und ROI-Analysen sichtbar sind. - Sponsoring, Promotions und Eventintegration mitmessen
Gerade im Sponsoring-Bereich klafft laut Nielsen noch eine große Lücke. Genau hier hat Radio starke Assets – die aber nur dann im Mediaplan bleiben, wenn sie auch belegbar wirken. - Brand Lift und Sales Lift aktiv nutzen
Kombination aus Markenkennzahlen und Abverkaufsdaten ist der Schlüssel. Wer zeigen kann, dass Radio sowohl Markenaufbau als auch Abverkauf effizient stützt, hat in Budgetrunden ein starkes Argument. - Transparenz schaffen, wo andere nur behaupten
Viele Kanäle profitieren derzeit von einer gefühlten Messbarkeit. Radio kann punkten, wenn es mit klaren Studien, Benchmarks und Fallbeispielen zeigt: Wir liefern nicht nur Kontakte, wir liefern Ergebnisse.
Fazit: Wer ROI sagt, darf Radio nicht ignorieren
Der „Marketing ROI Blueprint Report 2025“ macht unmissverständlich klar: Die Zeit der reinen Reichweiten-Argumentation ist vorbei. Budgets fließen dorthin, wo Wirkung nachgewiesen wird. Gleichzeitig zeigt der Report, dass viele Unternehmen noch lange nicht so ganzheitlich messen, wie sie glauben – insbesondere bei klassischen Kanälen und Sponsoring.
Für Radio ist das keine Bedrohung, sondern eine Einladung:
Wer heute in Messbarkeit investiert, sich klar in Cross-Media- und ROI-Modellen positioniert und Audio nicht als „Nice to have“, sondern als nachweislichen Umsatz- und Markenhebel präsentiert, wird in den kommenden Budgetrunden nicht gestrichen, sondern verstärkt eingeplant.
Kurz gesagt:
ROI wird zur härtesten Währung im Marketing. Radio hat alle Chancen, in dieser Währung sehr gut zu performen – wenn es seinen Wert konsequent beweist.




